Joseph E. Bottler                      An die Freude

1812 - ?

Die Sonne schreitet durch die ros’gen Thore.

Im Sylphenschwung der jugendlichen Hore

Dein Balsamkuß, o Freude, niederschwebt

Und jeden Puls des Lebens stärkt und hebt!

 

Erzog’ne du im lichten Engelchore!

Willkommen mir, die mild vom Trauerflore

Die Thräne küßt, an’s Herz, das welk gebebt,

Des frohen Sinnes frische Blüthe webt!

 

Ich seh’ entflieh’n die Nacht der wirren Sorgen

Und schau’ im neuen Leben mich geborgen,

Beglänzt von deines ew’gen Frühlings Morgen!

 

Wie leitet mich so rasch dein Schimmerzügel

Wie hebt so leicht dein lichter Cherubflügel

Den Geist hinauf zum ew’gen Sonnenhügel!

 

 

 

Joseph E. Bottler                      An die Geliebte

1812 - ?

Geöffnet des Entzückens gold’ne Pforte

Ward meinem Blick, als ich die Holde sah;

Was ich empfand, ich fand dafür nicht Worte;

Nur schweigend, bebend, seufzend stand ich da!

 

Verkünd’ es, Lied, in jubelndem Akkorde:

„Ich leb’ in ihr, ist fern sie oder nah’.

Mein Erdenhimmel liegt in Einem Worte

Vom schönsten Mund, in einem leisen Ja!“

 

Laß, Amor, bald in zaubervollem Lächeln

Dieß Ja entschweben ihrer Rosenlippe!

Laß mich des Lebens Seligkeit erwerben!

 

Ob Stürme tosen oder Weste fächeln,

Dräut selbst der Tod mit seiner scharfen Hippe;

Mit ihr ist’s süß zu leben, süß zu sterben!